24235 Laboe, Oberdorf 9
+49 0 4343 619679
praxis@physiovoss.de

Stochastische Resonanztherapie

Stochastische Resonanztherapie

Artikel der Süddeutschen Zeitung

Vibrierende Platte hilft dem Gehirn auf die Sprünge


Stochastische Resonanztherapie führt bei degenerativen Erkrankungen des Nervensystems zu Verbesserungen
Menschen mit Erkrankungen des Nervensystems in Kopf und Körper profitieren in erstaunlichem Maße von der Stochastischen Resonanztherapie. Dabei stehen die Patienten auf einer Platte, die unregelmäßig vibriert.


Frankfurt. (ml) Wenn es Menschen, die an Demenz, Schlaganfall oder Multipler Sklerose erkrankt sind, bereits so schlecht geht oder sie sich so schlecht fühlen, dass an das besonders hilfreiche Lauftraining nicht zu denken ist, kommt zunächst eine andere Bewegungstherapie in Betracht. Dr. Christian Haas hat gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern an der Universität Frankfurt für eine
Studie mit Parkinson- und Schlaganfall-Patienten die Stochastische Resonanztherapie entwickelt. Es handelt sich dabei um ein Gerät, das einem Laufband ähnelt. Statt des Laufbands sind jedoch zwei Platten eingebaut, auf denen der Patient steht und die unabhängig voneinander in Vibration versetzt werden können. Je nach Patient vibrieren die Platten schwächer oder stärker in alle Richtungen. Die
Vibrationsreize erfolgen nicht gleichmäßig, sondern zufällig (stochastisch). „Das Gehirn erkennt die unregelmäßigen Reize besser als gleichförmige Reize und kann daher die Körperreflexe und die Körperspannung übers Nervensystem besser steuern“, erläutert Christian Haas. Die Experten gehen sogar davon aus, dass durch das anspruchsvolle Balancieren auf den vibrierenden Platten im Gehirn vermehrt Dopamin ausgeschüttet wird. Dieser Botenstoff ist wichtig, damit das Gehirn seine Informationen übers Nervensystem weitergeben kann. Bei Parkinson – Patienten verstärkt ein Dopaminmangel vermutlich den geistigen und körperlichen Verfall. Die Erfolge der Stochastischen Resonanztherapie sind beeindruckend. „Bei 80 Prozent der Patienten bewirkt sie eine klare Verbesserung“, berichtet Haas. „Bei Menschen mit Parkinson zum Beispiel verringert sich die typische Steifigkeit des Körpers um 24 Prozent, das Zittern wird um 25 Prozent reduziert.“
Christian Haas hat im Rahmen seiner Habilitation die Auswirkungen des Vibrationstrainings auch bei teilweise oder komplett querschnittsgelähmten Menschen erforscht. Bei einer solchen Lähmung sind die Nervenzellen zunächst noch intakt, der Signalfluss zum und vom Gehirn ist jedoch unterbrochen. Werden die Nervenzellen nicht mehr genutzt, sterben sie ab. Durch ein Vibrationstraining bleiben die Zellen erhalten. „Ich gehe davon aus, dass mit Hilfe der Stammzellen-Therapie in Zukunft auch
Querschnittslähmungen erfolgreich behandelt werden können“, sagt Haas. „Dann ist es wichtig, dass die Nervenzellen noch am Leben sind.“ Ist das Rückenmark nur teilweise durchtrennt, führt die Stochastische Resonanztherapie zu erstaunlichen Verbesserungen. Haas berichtet von einer Patientin, die nach ihrem Unfall nur sehr mühsam stehen und einen Fuß vor den anderen setzen konnte. Das Training hat bewirkt, dass die Frau heute sogar wieder kurze Strecken joggen kann. „Offensichtlich haben sich die noch funktionsfähigen Nervenzellen an der durchtrennten Stelle vorbei neue Verbindungen gesucht“, meint der Wissenschaftler. Die neuen Forschungsergebnisse zeigen zweifelsfrei, dass ein „Überschonen“ der Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen der falsche Ansatz ist. Ein Bewegungstraining sollte in der Therapie einen deutlich höheren Stellenwert erlangen. Christian Haas warnt aber auch vor einer Übertreibung. „Ist das Training so intensiv, dass es zu einer hohen Körpertemperatur oder einer Übersäuerung führt, wird die Wirkung der neurotrophen Faktoren reduziert.“
Weitere Informationen gibt es auf den Internetseiten der Deutschen Multiple-Sklerose-Gesellschaft, Landesverband Saarland, sowie der Deutschen Katastrophen- und Unfallhilfe.
SZ vom 28.5.2009

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert